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„Kraft durch Freude“ (KdF) - Seebad Prora


In Prora auf Rügen, am breiten Ostseestrand zwischen Binz und Mukran, treffen Spaziergänger auf rätselhafte, kilometerlange Bauten, die in keiner Weise zu den Seebädern und Fischerdörfern Rügens passen. Die Fassaden (siehe Bild unten) scheinen in ihrer Länge kein Ende zu nehmen und setzen sich in Ruinenreihen fort. Es sind die Reste einer Anlage, die vor Jahrzehnten das erste Prunkstück einer Serie gigantischer "Kraft durch Freude"-Seebäder der nationalsozialistischen Propaganda werden sollte, aber nie fertig gestellt wurde. Prora ist somit auch Zeugnis deutscher Tourismus-Geschichte. Die Nazi-Organisation "Kraft durch Freude" (KdF) mit ihren Seereisen und geplanten Seebädern wird oft als Vorläuferin der modernen Massentourismus-Anbieter bezeichnet. Immerhin geplante 20.000 Betten auf fünf Kilometern Länge sprechen in Prora für sich.

1936 erfolgte die Grundsteinlegung für das KdF-Seebad Prora. In den drei Jahren zwischen 1936 und 1939 wurden die acht Gästeblöcke errichtet (siehe Lageplan unten). Jeder 500m lang, insgesamt also 4km! Alles Zweibettzimmer mit Waschbecken, teilweise mit Verbindungstür, alle mit Meerblick. Gemeinschaftsbäder und -toiletten und ein Restaurant in jedem Haus waren geplant.

Alle großen Baufirmen des Reiches waren damals an den Bauarbeiten beteiligt und arbeiteten zeitweise mit 9.000 Bauarbeitern am KdF-Seebad Rügen. Da jede der beteiligten Baufirmen jeweils einen Block zu errichten hatte, entwickelte sich dabei eine Art Wettbewerb um die schnellste Bauleistung.

Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges 1939 wurden die Bauarbeiten weitgehend gestoppt. Mit Ausnahme eines Blocks waren die acht Wohnblöcke, die südliche Festplatzrandbebauung und die Kaianlage bereits im Rohbau fertig gestellt, nicht jedoch die Schwimmbäder, die Festhalle und weite Teile der Wirtschaftsgebäude. Sie wurden niemals verwirklicht. An den Rohbauten wurden noch die nötigsten Sicherungsarbeiten durchgeführt, dann wurden die Bautätigkeiten endgültig eingestellt. Das bereits angelieferte Baumaterial verblieb aber vor Ort, was auf eine geplante Wiederaufnahme der Arbeiten nach Kriegsende schließen lässt.

Im Krieg diente die Anlage als Ausbildungsstätte für Luftwaffenhelferinnen und ein Polizeibataillon. 1943 wurden Teile der südlichen Blocks ausgebaut, um Ersatzquartiere für im Rahmen der Operation Gomorrha ausgebombte Hamburger zu schaffen. Ab 1944 diente Prora der Wehrmacht als Lazarett und gegen Ende des Krieges fanden dort auch Flüchtlinge aus den Ostgebieten eine Bleibe.

Als ab Mai 1945 die Sowjetunion die Kontrolle auf Rügen übernahm, wurde die Anlage zur Internierung von Grundbesitzern und weiterhin zur Unterbringung von Heimatvertriebenen aus den Ostgebieten genutzt. Teile der Anlagen wurden für den Abtransport als Kriegsreparationen demontiert. Zwischen 1948 und 1953 wurden die Bauten von der Sowjetarmee genutzt, die den südlichsten Rohbau sprengte und abtrug. An den beiden nördlichsten Häuserblocks wurden ebenfalls Sprengübungen durchgeführt. Die Bauten wurden dabei aber nur schwer beschädigt und blieben teilweise stehen.

Die nach 1949 ebenfalls eingezogene Kasernierte Volkspolizei, aus der 1956 die Nationale Volksarmee (NVA) der DDR hervorging, nutzte die Gebäude als Kaserne und erklärte das umliegende Gebiet zum Sperrgebiet. Die entsprechenden Umbauten waren 1956 abgeschlossen, danach wurden in Prora bis zu 10.000 Soldaten stationiert. In dem Komplex befand sich eine wichtige Unteroffiziersschule der NVA, außerdem wurden Soldaten aus politisch befreundeten Entwicklungsländern ausgebildet. In den 1980er-Jahren waren in Prora bis zu 500 Bausoldaten stationiert, die beim Bau des Fährhafens Mukran arbeiteten.

Nach der Deutschen Wiedervereinigung 1990 übernahm die Bundeswehr als Nachfolger der NVA das Gelände, stellte die Nutzung aber Ende 1992 ein und verließ Prora. Eigentümer war jetzt das Bundesvermögensamt.

Seit Anfang 1993 ist die Anlage öffentlich zugänglich. Es entstanden mehrere Museen und Einrichtungen innerhalb des Gebäudekomplexes Prora. seit dieser Zeit gab es zahlreiche, zumeist vergebliche Versuche einer (touristischen) Nachnutzung des riesigen Geländes.
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Bild:  Fassade Seeseite

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Bild:  Lageplan 1945 und 2009

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Quellen: www.meck-pomm-hits.de; wikipedia


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